Das Ruhegebet ist für mich ein Gebet der Verwandlung. Die Zeit der Stille im Ruhegebet und meine Hingabe die ich täglich vor Gott bringe, hat eine solch verwandelnde Kraft, vor der ich immer wieder staunend und faszinierend stehe.
Gott zieht mich im wahrsten Sinne in seine Nähe so hat und wird sich sicher auch weiterhin mein Leben und mein Glaube, vertrauend auf Gott hin, nach und nach verwandeln.“ 

Christa Betzwieser
Begleiterin im Ruhegebet

Das Ruhegebet – Fragen und Antworten

Erster Teil
4. Abgrenzung von anderen Gebetsweisen

Überfülle an Angeboten

Das Ruhegebet – im Westen kaum bekannt

„Warum sind Johannes Cassian und seine so tiefe und einfa­che Gebetsweise heute wenig bekannt? Das ist für mich unverständlich, denn die Wirkungen des Ruhegebetes sind mehr als wunderbar.“

Im Gegensatz zur orthodoxen Kirche in Russland und der Tradition auf dem Berg Athos, wo bis heute das Hesychastische Gebet bzw. Ruhegebet in voller Blüte steht, geriet es im Westen durch eine zunehmende »Verkopfung« in Vergessenheit. Hinzu kommt, dass die christliche Theologie sich bewusst zeitweilig von Gebetsweisen absetzte, die ihre Parallelen im Sufismus, der mystischen Ausrichtung im Islam, im Hinduismus und Buddhismus haben. Aus diesen Gründen wurde das Ruhegebet von der abendländischen, westlichen Welt mehr und mehr zurückgedrängt, während es in der Ostkirche immer lebendig geblieben ist.
Die Wüstenväter wussten, dass diese Art des Betens eine große Herausforderung darstellt: Die meisten Menschen können nur sehr schwer begreifen, dass die Wahrheit und das Wesentliche so einfach sind. Obwohl die Gebetslehre Cassians für die christliche Gebetskultur unverzichtbar ist, wurde und wird leider von den Autoren für geistliche Literatur zu wenig Gewicht und Wert auf Johannes Cassian gelegt. Er war ein Mann von höchster geistig-spiritueller Begabung mit einem tiefen Sinn für das Mystische. In einzigartiger Weise verbindet er die Praxis einer einfachen Gebetsform mit dem entsprechenden theologischen und psychologischen Wissen. Cassians prägender Einfluss ist nicht nur bei Benedikt von Nursia spürbar, sondern auch bei bedeutenden Ordensstiftern und Theologen der späteren Zeit. Und trotzdem sind die Werke des Johannes Cassian und vornehmlich seine Gebetsweise nur sehr Wenigen bekannt. Dafür gibt es weitere Gründe. Die westliche Kirche hat Cassian eine antiaugustinische Passage, die er in der 13. Unterredung äußert, nicht recht verzeihen können. Ein weiterer Grund ist, dass Cassians Theologie und Gebetslehre zwar von vielen geistlichen Schriftstellern übernommen, er jedoch von ihnen nicht als Autor genannt wurde. Sie bekannten sich in ihren Werken nicht zu Cassian, da dieser Schüler des Origenes war und somit dessen Lehre vertrat. Und mit jemandem, der mit dem Kirchenbann belegt wurde, wollte man – auch indirekt – nicht in Verbindung gebracht werden. Trotz dieser Kritik fanden die Schriften Cassians überall großen Anklang – heute auch verstärkt im Westen.

Auszug aus dem Buch „Ruhegebet – Fragen und Antworten“
von Pfarrer Dr. Peter Dyckhoff

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