„Als Mutter dreier Kinder ist für mich das Ruhegebet eine echte Auszeit. Ich darf bei Gott sein, brauche nichts leisten, entscheiden oder schlichten, kann mich ganz auf Ihn hin ver-lassen. Bei Ihm ist es gut zu Sein. Diese Zeit schenkt den alltäglichen Prioritäten eine neue Reihenfolge; und dass Gott dabei immer an erster Stelle bleibt, und ich mit und bei Ihm bleibe, dazu wurde mir das Ruhegebet zur Garantie und zugleich zum Segen für die ganze Familie.“
Ulrike Jensen
Begleiterin im Ruhegebet
Begleiterin im Ruhegebet
Das Ruhegebet – Fragen und Antworten
Erster Teil
4. Abgrenzung von anderen Gebetsweisen
Jesusgebet und Ruhegebet
„Der Name »Jesusgebet« sagt mir eher, worum es im Gebet geht. Mit dem Namen »Ruhegebet« verbinde ich nur eine Ruhe für mich.“
Die Wüstenväter Makarios der Große (um 300–390) und Evagrius Pontikus (345–399), die vornehmlich das Ruhegebet aus der Heiligen Schrift und besonders vom Beten Jesu ableiteten, nannten es Hesychastisches Gebet. »Hesychia« ist ein griechisches Wort und bedeutet »Ruhe«. Diese auf Gott ausgerichtete Ruhe bewirkt eine Befreiung des Ichs von allem Unguten und gleichzeitig eine Hinwendung zu Gott. Beides geschieht im Schweigen. In der anfänglichen Gebetsweise – die von Makarios und Evagrius entwickelte »Antirrhesis« (Zurückweisung) – wurde nicht nur der Name Jesus Christus allein oder in Verbindung mit der Bitte um Erbarmen angerufen, sondern ein passender Vers aus der Heiligen Schrift. Dieser Vers war eine Antwort auf die Art der Versuchungen, die in acht Kategorien zusammengefasst wurden: Völlerei, Unzucht, Geldgier, Traurigkeit, Zorn, Unlust, eitle Ruhmsucht und Stolz. Mit der Antirrhesis schützte sich der Betende vor zerstörerischen Kräften, die durch die Anrufung zurückgewiesen wurden. Aus dieser Gebetsweise ging das Ruhegebet hervor, das nur aus einem oder mehreren kurzen Worten besteht, die nicht nur den Namen Jesus Christus und die Bitte um Erbarmen beinhalten, sondern auch den Namen des Vaters in verschiedenen Sprachen.
Ab dem 12. Jahrhundert veränderten jedoch Mönche des Berges Athos dieses alte Hesychastische Gebet, indem sie psychosomatische Hilfen – wie zum Beispiel die bewusste Atemführung – dem Gebet hinzufügten. Hinzu kommt, dass sie es einzig und allein auf den Namen Jesus Christus ausrichteten. Die Mönche des Athos nannten diese Gebetsweise dann, um sie vom Hesychastischen Gebet abzusetzen, »Jesus-« oder »Herzensgebet«. Sowohl das Ruhegebet als auch das Jesusgebet haben zum Ziel, den Betenden die ewige Ruhe des göttlichen Urgrundes nicht nur berühren sondern ihn auch darin verweilen zu lassen. Man muss jedoch Acht geben, dass man das Jesusgebet nicht durch eigene gut gemeinte Zusätze überfrachtet, denn dann führt es nicht mehr in die Tiefe unserer Innerlichkeit und damit in die Nähe Gottes. Wenn Ihnen auch nach diesen Ausführungen das Wort »Jesus« mehr sagt als das Wort »Ruhe« – gemeint ist die göttliche Ruhe des siebten Schöpfungstages –, so nennen Sie Ihr Ruhegebet einfach »mein Jesusgebet«.
Auszug aus dem Buch „Ruhegebet – Fragen und Antworten“
von Pfarrer Dr. Peter Dyckhoff